Du möchtest bei einem unserer Dozenten Unterricht nehmen und vorher mehr über ihn erfahren? Oder lernst Du schon Gitarre, Saxofon oder Klavier bei uns und willst den Menschen, der Dir jede Woche eine effektive Spieltechnik, eine eigene Interpretationsweise und das Improvisieren näher bringt, noch genauer kennen lernen? In unserer Rubrik „Nachgefragt bei…“ erhältst Du jede Menge Antworten auf Fragen, die Du unseren Dozenten hoffentlich auch gerne gestellt hättest…
Außerdem nimmt er in unserem Vorkurs unseren Berufsfachschul-Bewerbern die Angst vor der theoretischen Aufnahmeprüfung und bereitet sie optimal darauf vor.
Volker hat sich die Zeit genommen, unsere vielen Fragen zu beantworten:
Wie bist Du mit dem Musikmachen in Berührung gekommen?
Meine Mutter hat in ihrer Jugend im Bremer Domchor gesungen und hat Klavier gespielt. Bei uns zu Hause stand ein Klavier, auf dem hat sie klassische Musik gespielt. Zu Weihnachten gab´s Weihnachtslieder.
In welchem Alter hast Du begonnen, Musik zu machen?
Da muss ich so fünf gewesen sein – auf jeden Fall im Vorschulalter. Da hat meine Mutter mir Unterricht auf einer Kinder-Melodika gegeben. Jeder Ton auf dem Instrument und im dazugehörigen Lehrbuch hatte eine bestimmte Farbe, also das „c“ war gelb, das „f“ violett etc. Ich seh uns noch die Treppe zu meinem Kinderzimmer hochstapfen. Ich war nicht allzu begeistert.
Was war Dein erstes Instrument?
Eben besagte Melodika. Später mit 9 Jahren haben mich meine Eltern zur Kinder- und Jugendmusikschule des Bremer Konservatoriums geschickt: Blöckflöte, Xylofon, Musiklehre – die Grundlagen. Ich wollte da anfangs überhaupt nicht hin, aber meine Eltern sind glücklicherweise hart geblieben. Der Deal war: Wenn´s mir nach dem ersten Monat nicht taugt, kann ich wieder aufhören. Nach der ersten Stunde war ich Fan…
Wann hast Du Dich entschieden, Musik zum Beruf zu machen?
Da muss ich so 17 oder 18 gewesen sein, als ich mich nach Ausbildungsmöglichkeiten umgesehen habe. Die waren damals (Anfang der 1980er Jahre) noch sehr übersichtlich in Deutschland: Kölner Hochschule oder Jazzschool München. Meine Eltern haben mich das mit der Musik versuchen lassen, volle Rückendeckung, dafür bin ich ihnen ewig dankbar. Ich hab dann das Geld, das mein Patenonkel zu meiner Geburt angelegt hatte (zu einer Zeit also, als die Frauen noch Bärte trugen und es Zinsen auf Geldanlagen gab), in die Jazzschool-Ausbildung gesteckt. War eine gute Entscheidung ;))
Gab es einen konkreten Auslöser dafür? Wenn ja, welchen?
Ich bin da eher so hineingeglitten. Ich habe mich als Teenager stark über die Musik definiert, die Schule musste dann nebenbei eben auch noch sein, hilft ja nix. Aber allein die Vorstellung, sich ausschließlich auf Musik konzentrieren zu können und zu dürfen – wow!
Ich weiß aber noch ganz genau, was mich „initiiert“ hat: Das war, als ich „Penny Lane“ von den Beatles im Radio gehört habe, da war ich 10. Der Beginn von „unbedingt“ im Zusammenhang mit Musik bei mir. Ich war so verliebt in den Song, dass ich beim nächsten Stadtbesuch so lange im Beatles LP-Ständer gesucht habe, bis ich irgend ein Album gefunden hatte, wo der drauf war: Meine erste LP war also das „Blaue Album“ (1967 – 1970) von den Beatles. Bin immer noch Beatles-Fan.
Was waren die Stationen auf Deinem Ausbildungsweg?
Nach der Kinder- und Jugendmusikschule hatte ich während meiner Jugend Klavier-, Orgel- und Gitarrenunterricht bei Privatlehrern. Viel gelernt habe ich durch die Arbeit in der Schülerband: Fester Probetermin, ausschließlich eigene Stücke, Auftritte – wir haben richtig gearbeitet und waren sehr ernsthaft bei der Sache.
Dann zwei Jahre Jazzschool München. Ich hatte im ersten Jahr noch Klavierunterricht beim Gründer Joe Haider, danach bei Max Neißendorfer. Und Franz-David Baumann hat mein Abschlussarrangement korrigiert… lange her.
Ich hatte mir überlegt, danach noch nach Köln zu gehen oder (wenigstens für ein paar Semester) nach Boston ans Berklee College. Aber da es in München beruflich und privat gut bis sehr gut anlief und sich die Möglichkeit abzeichnete, eine CD mit meinen Kompositionen finanziert zu bekommen, bin ich da geblieben und hab „Learning by Doing“ gewählt.
Als 2006 dann der Anruf von Franz-David Baumann kam, dass er mich gerne im Dozenten-Team der neu entstehenden Berufsfachschule hätte, habe ich als „Externer Bewerber“ am Richard-Strauß-Konservatorium meinen staatlichen Abschluss nachgeholt. Den braucht man, um an der BFS Theoriefächer unterrichten zu dürfen.
Wie ging Dein musikalischer Weg nach Deiner Ausbildung weiter?
Ich habe zunächst Fusion Jazz im Quartett eines Flügelhornisten namens Bob Chatwin gespielt, das war, noch zu Jazzschool-Zeiten, meine erste „Profi“-Band. Über den Bassisten dort bin ich mit brasilianischen Musikern und Bands in Kontakt gekommen – und dem Gesamtpaket von Jazzharmonik und ausgebuffter, aber relaxter Rhythmik bis auf den heutigen Tag verfallen.
In den 90er Jahren war ich kurz mit den Sängerinnen Felicia Weathers und Joan Orleans in Sachen Gospel unterwegs. Es gab eine interessante und lehrreiche Zusammenarbeit bei verschiedenen Studioprojekten als Pianist und Arrangeur mit Peter Thomas („Raumpatrouille“).
Auch die erste COLORBOX-CD („Forbidden Blue“ / BSC Music) war wichtig für mich, vor allem in meinem Selbstverständnis als Komponist.
Coverbands gabs auch ein paar, da habe ich gelernt, wie gute Popsongs funktionieren. Seit damals bin ich auch Keyboarder bei „Ecco DiLorenzo & His Innersoul“ (letztes Jahr haben wir übrigens endlich unser erstes Album mit eigenen Stücken, „Soultrain BaBaDee“, veröffentlicht.)
Als Dozent war ich bei den „Blues-, Rock- und Jazztagen München“ und sechs Jahre lang bei der „Jazz Academy“ in Meran dabei.
Außerdem kam langsam die Theaterarbeit ins Blickfeld. Zunächst mit zwei Stellvertreter-Jobs am Prinzregententheater und den Kammerspielen. Ab 1999 war ich dann für 10 Jahre und ca. 20 Produktionen als Musikalischer Leiter am E.T.A.-Hoffmann-Theater in Bamberg tätig. Meine erste Produktion dort war „Black Rider“ von Tom Waits. Ich hab mich gar nicht beworben, sondern jemand, der mich kaum kannte, hat mich empfohlen und ich habe dann einen Anruf gekriegt. Ein echter „Glücksfall“, in mehrerer Hinsicht: Durch die intensive Auseinandersetzung mit unterschiedlichsten musikalischen Genres und die Arbeit mit den Schauspielern und Regisseuren habe ich dort wahnsinnig viel gelernt. Dinge, die mir auch an der BFS heute sehr nützen.
Was hältst Du für die wichtigsten Voraussetzungen für eine Karriere als Berufsmusiker?
Die richtige Frau. Auch eine gewisse, über reines Talent hinaus gehende absolute Musik-Verrücktheit hilft. Wer am Anfang lichterloh in Flammen steht, der hat gute Chancen, dass ihn im Alter immer noch eine verlässlich vor sich hin glimmende Glut wärmt. Man braucht Forscherdrang und Selbstdisziplin, um sich zu entwickeln. Üben sollte einem keine Last sein, sondern Freude bereiten.
Selbstbestimmtes Handeln, aber auch Teamfähigkeit sind Trumpf! Jenseits der roten Linie sind sowieso alle hervorragende Musiker, du schwimmst mit musikalischen Genies und Hochbegabten. Da kann es den entscheidenden Unterschied machen, dass es auch noch Spaß macht, mit dir nach der Show ein Bier trinken zu gehen.
Was braucht ein guter Musikpädagoge aus Deiner Sicht?
Ich glaube, nicht nur Musikpädagogen, sondern alle Lehrer sollten über Empathie, spontane Kreativität und Geduld gepaart mit einem Überblick über das jeweilige Fachgebiet aus der Vogelperspektive verfügen. Dann kann man den Schüler genau dort abholen, wo er sich gerade befindet, weil man die Landkarte sieht und wie alles zusammenhängt. Der Ansatz, ein und den selben Sachverhalt zu erklären, kann bei verschiedenen Schülern je nach Lerntyp unterschiedlich sein. Auch hat jeder Schüler sein eigenes Tempo, das ist im Schulbetrieb manchmal für beide Seiten eine Herausforderung. Außerdem sollte man nicht vergessen, wie das war, als man selber angefangen hat, die ersten Schritte ins Wunderland zu wagen.
Was gefällt Dir an der Arbeit als Dozent besonders und was nicht so?
Unterrichten scheint ziemlich genau auf meiner Persönlichkeitsstruktur zu liegen, es fällt mir leicht. Und ich arbeite grundsätzlich gern mit Menschen. Ich finde es schön, meine Erfahrungen und Erkenntnisse weiter zu geben und wenn ich darüber nachdenke, wie bestimmte Dinge am einfachsten zu vermitteln sind, lerne ich jedes Mal selber etwas über diese Dinge.
Klar, es gibt auch Sachen, die nicht so toll sind: Wenn Schüler – aus welchen Gründen auch immer – unvorbereitet in die Stunde kommen, habe ich das Gefühl, wir arbeiten im Leerlauf: Alle strampeln sich ab, aber keiner kommt von der Stelle. Das nervt dann schon ein bisschen. Und mal ehrlich: Welcher Musiker findet seine Erfüllung darin, Schulaufgaben zu korrigieren oder Anwesenheitslisten auszufüllen?
Seit wann unterrichtest Du an der Jazzschool? Wie kam es dazu?
Nach meiner Abschlussprüfung 1986 hat Max Neißendorfer mich gefragt, ob ich ihn bei Bedarf vertreten möchte. Klar wollte ich, so ist das Band zur Jazzschool nie abgerissen.
Was zeichnet für Dich die Arbeit an der Jazzschool aus?
Mehr Übemöglichkeiten für die Schüler und eine interne Bühne wären toll. Aber das wissen ja eh alle. Es scheitert halt an den vorhandenen Räumlichkeiten.
Wer sind Deine größten musikalischen Vorbilder und warum sind sie das für Dich?
- Die Beatles: Gnadenlos gute Melodien in phantastischen Songs, immer neugierig und am Suchen nach neuen Sounds und Produktionsmethoden, sie haben in acht Jahren eine unglaubliche Entwicklung als Band hingelegt und ganz nebenbei die Musikwelt verändert.
- Der Pianist und Komponist Thelonious Monk: Originalität schlägt Virtuosität.
- Ben Folds Five: Energie / Provokation schlägt Perfektion. Und diese Songs!
- Der Pianist und Komponist Don Grolnick: Hervorragende Kompositionen abseits des Mainstream, die nicht altern, immer frisch klingen und kompositorische Tiefe haben. Seine Solos haben diesen schön verqueren „monk’schen“ Touch. Jazz, Fusion, Latin, Pop, Singer/Songwriter…Genregrenzen spielten bei ihm keine Rolle, das gefällt mir.
- Die klassischen Komponisten Claude Debussy und Maurice Ravel: Das ist Anfang des 20. Jahrhunderts im Grunde schon Jazzharmonik mit Septakkorden, Tensions, Alterationen, Pentatonik und Ganztonleiter, nur eben im klassischen Soundgewand – und etliche Jahre bevor der Jazz so weit war. Wie sie instrumentieren und mit dem Orchester Klänge malen, finde ich phantastisch.
- Steely Dan und Donald Fagen: Da liebe ich besonders den harmonischem Reichtum und die unerwarteten, dabei aber niemals aufgesetzt wirkenden akkordischen Wendungen, die bis ins kleinste Detail ausgecheckten Arrangements und den perfekten Studiosound.
- The Divine Comedy (Neil Hannon): die hervorragenden Texte.
- Der Schlagzeuger Steve Gadd: Seine göttliche Time und Authentizität in allen Genres.
- Der Bassist Charlie Haden: Reduktion auf das Wesentliche, weniger ist mehr.
Mit welchen Projekten kann man Dich aktuell hören/sehen? An was arbeitest Du gerade?
Ganz frisch ist gerade eine Klavierrevue über Mütter und (fast) alles, was damit zusammen hängt für drei Schauspieler / Sänger mit 16 Songs von mir. Das Ganze heißt OH MAMA! Julia Wahren hat getextet und Regie geführt. Im vergangenen Dezember hatten wir Uraufführung in der Pasinger Fabrik. Wir sind danach bei einer Gastspiel-Agentur in den Katalog gerutscht, das ist schon mal ganz gut und es wäre schön, wenn das Projekt weitergeht.
Dann stehen dieses Jahr neue COLORBOX-Aufnahmen an, die Stücke sind schon komponiert. Außerdem habe ich, ausgelöst durch die Arbeit am Innersoul-Album letztes Jahr, einige Popsongs geschrieben und sogar mit dem Texten begonnen, wer hätte das gedacht? Ich mache mir gerade Gedanken und führe ein paar Gespräche darüber, wie man das strategisch alles unter einen Hut bekommt und veröffentlicht.